Ausbildungsreife (einschließlich Berufswahlreife)
Eine Ausbildungsreife ist nach Definition der Bundesagentur für Arbeit dann vorhanden, wenn eine Person „… die allgemeinen Merkmale der Bildungs- und Arbeitsfähigkeit erfüllt und die Mindestvoraussetzungen für den Einstieg in die berufliche Ausbildung mitbringt“ (Anm. 1, S. 13).
In ihrem Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife nennt die Bundesagentur für Arbeit folgende Merkmale:
- schulische Basiskenntnisse: Rechtschreiben, Lesen, Sprechen und Zuhören, mathematische Grundkenntnisse und wirtschaftliche Grundkenntnisse;
- Psychologische Leistungsmerkmale: Sprachbeherrschung, rechnerisches Denken, logisches Denken, räumliches Vorstellungsvermögen, Merkfähigkeit, Bearbeitungsgeschwindigkeit und Aufmerksamkeit;
- Physische Merkmale: altersgerechter Entwicklungsstand und gesundheitliche Voraussetzungen;
- Psychologische Merkmale des Arbeitsverhaltens und der Persönlichkeit: Durchhaltevermögen und Frustrationstoleranz, Kommunikations-, Konflikt- und Kritikfähigkeit, Leistungsbereitschaft, Selbstorganisation, Sorgfalt, Teamfähigkeit, Umgangsformen, Verantwortungsbewusstsein und Zuverlässigkeit;
- Berufswahlreife: Darunter wird die Selbsteinschätzungs- und Informationskompetenz von Jugendlichen verstanden. Dies bedeutet, dass berufswahlreife Jugendliche die Motive für ihre Berufswahl kennen und diese benennen können. Sie sind dazu in der Lage, sich über relevante Fähigkeiten, Fertigkeiten und Anforderungen ihres Wunschberufs zu informieren und diese Aspekte realistisch mit ihren eigenen Interessen, Fähigkeiten und Kompetenzen in Beziehung zu setzen (vgl. ebd., S. 20ff.).
Die Berufswahlreife ist folglich ein Bestandteil der Ausbildungsreife.
Alle genannten Merkmale sind als berufsunspezifisch zu verstehen. Dies bedeutet, dass bei einer ausbildungsreifen Jugendlichen oder einem ausbildungsreifen Jugendlichen immer alle genannten Merkmale vorhanden sein müssen, unabhängig von der angestrebten Berufsausbildung.
Gleichzeitig ist das Konzept der Ausbildungsreife nicht als ein statisches, sondern als ein dynamisches Konzept zu betrachten. Ist die Ausbildungsreife bei einer Schülerin oder einem Schüler zu einem gegebenen Zeitpunkt (z. B. zum Ende der 9. Jahrgangsstufe) noch nicht vorhanden, so kann diese durchaus zu einem späteren Zeitpunkt durch Entwicklungs- und Lernprozesse, z. B. nach Ableistung eines Berufsvorbereitungsjahrs (BVJ) oder einer Berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme (BvB) erreicht werden.
Im Gutachten nach § 27 VSO-F beurteilen Lehrkräfte berufsbezogene Kompetenzen, die mit den oben genannten Merkmalen korrespondieren, und treffen daraufhin eine Grundaussage zur Ausbildungs- und Berufswahlreife ihrer Schülerinnen und Schüler.
Im Rahmen der Psychologischen Eignungsuntersuchung (PSU) durch die Bundesagentur für Arbeit findet durch die Rehaberaterin bzw. den Rehaberater eine weitere Einschätzung der Ausbildungs- und Berufswahlreife statt.
Anm. 1: Bundesagentur für Arbeit (2009): Kriterienkatalog zur Ausbildungsreife. Verfügbar unter https://www.arbeitsagentur.de/datei/dok_ba015275.pdf. Zuletzt abgerufen am 10.02.2023.
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